Genin und die Kapiteldörfer

Aus dem Vorwort zu dem Buch:

VIER KAPITELDÖRFER Genin, Ober- und Niederbüssau, Vorrade

Das Kirchspiel Genin umschließt drei auf völlig verschiedene Weise entstandene Gemeindeverbände:

I. Die "Vier Kapiteldörfer" Genin, Vorrade, Ober- und Niederbüssau gewannen ihre heutige Struktur im Verband, des Domkapitels.

II. Das alte Gutsdorf Moisling kam 1667 unter dänischen Schutz und kehrte erst 1802 endgültig unter Lübecks Hoheit zurück.

III. Die gutsherrlichen Kanondörfer Niendorf, Reecke, Moorgarten und Nienhüsen waren immer in Privatbesitz und wurden insbesondere im 19. Jahrhundert durch die Herren v. Heintze geformt.

Das Kirchspielgebiet füllt den Trave-Stecknitzwinkel aus. Sorgsam ausgewählte Motive, die von allgemeinem Interesse sind, wurden in den beiden Bändchen "Weißenroder Geschichten" und "Vier Kapiteldörfer" allgemein verständlich nacherzählt; ich meine, dass mancher von uns Heutigen freudiger die Nöte meistert, wenn er weiß, dass schon die Vorfahren vielhundert Jahre den Pflug über dieselben Äcker gezogen haben. Die "Vier Kapiteldörfer" erscheinen im selben Format wie die "Weißenroder Geschichten"; beide Bändchen gemeinsam ergeben eine verhältnismäßig erschöpfende Auskunft über Land und Leute im Trave - Stecknitzwinkel. Ein großer Teil der zum Druck beider Bändchen benötigten 2000 DM sind von den beteiligten Dörfern selbst aufgebracht worden. Zahlreiche Vorbestellungen durch Lübecker Behörden ermöglichten sogar einen gewissen Mehrdruck. Beim Lesen der Hoftafeln wolle man beachten, dass fast alle beteiligten Höfe bereits direkt alle Notizen zugestellt erhalten haben, die beim Aktenstudium heraussprangen. Deshalb konnte ich mich hier mit der Höfe Chronologie nach Dr. Hartwigs Notizen begnügen, um Raum zu sparen. Die den Höfen zugestellten Hofbücher geben den einzelnen beteiligten Familien erschöpfendere Auskunft. Zu gegebener Zeit werden die "Lübecker Nachrichten" die Moislinger Geschichten in Auszügen veröffentlichen. Damit wäre dann eine dreijährige Feierabendarbeit beendet, und eine lebendige Kunde vom Tun und Treiben, Denken und Planen unserer Vorfahren gegeben; allen Lesern möchte eines deutlich werden: Das Gestern formte unser Heute; unser Heute wird das Morgen formen: dessen möge besonders die Jugend eingedenk sein.

Herzlichen Gruß!

Dr. H. Weimann, Hauptlehrer in L.-Niendorf Lübeck - Niendorf, Oktober 1950

 

In dem Buch Schönes Holstein aus dem Jahre 1957 ist auch folgendes über die anderen Orte und Landschaften am Zusammenfluss der Trave und Stecknitz zu lesen:

Brandenmühle

Die hier gestaute Grinau ermöglichte in einem Zipfel der Moislinger Gutsflur die Anlage einer Wassermühle, die ihren Namen nach einem früheren Pächter hat. Der Neubau von 1950 ist elektrifiziert.

Oberbüssau

Das Dorf, das im Mittelalter ebenso wie seine Nachbardörfer Genin, Vorrade und Niederbüssau dem Domkapitel gehörte, hat noch mehrere sehr schöne alte Bauernhäuser bewahrt, die einen Besuch lohnen.

Genin

Das alte wendische Sackgassendorf liegt auf einer Halbinsel, die weit in die Niederungen der sich ehemals hier vereinigten Stecknitz und Trave hineinreicht. 1149 wurde das Dorf von Graf Adolf II an Vicelin, dessen Amtssitz noch in Oldenburg war, verliehen. 1163 gehörte es zur Ausstattung des Lübecker Domkapitels, zusammen mit Hamberge und den beiden Büssau. Seit 1803 gehört es zur Hansstadt.

Das Dorf hatte beizeiten wirtschaftliche Fortschritte zu verzeichnen. Bereits 1733 begann die Verkoppelung; auch der Anbau des spanischen Klees und der Kartoffel setzte sich hier bald durch. Um 1790 bot das Dorf mit Obst- und Gemüsekulturen, zahlreichen Handwerksbetrieben und einer Volk- und Industrieschule (letztere zur Ausbildung von Dienstmädchen) ein ungewöhnlich reges Bild; Pastor Polchow verfaste in der Zeit ein auch für Spätere Jahrzehnte vorbildliches Lesebuch für Landschulen.

Das Dorf bietet in seinem alten Teil noch einige sehr schöne Bilder alter Bauweise und prächtigen Baum- und Heckenbestandes.

Die Kirche wird zuerst 1337 erwähnt, ist aber wohl etwas älter. Der älteste Teil ist der rein gotische Chor. Das Gewölbe ruht auf Stuckkonsolen mit naturalistischem Blattschmuck. Das Kirchenschiff und der Turm sind jünger und stammen wohl aus dem 16. Jahrhundert. Der Dachstuhl musste 1703 wieder erneuert werden; es wurde ein hölzernes Scheingewölbe aufgeführt, dessen barocke Struckverzierung das Kreuzzeichen des Domkapitels zeigt.

Der Altar besteht aus Holz und Marmor und ist ein Werk des Lübeckers Hieronimus Hassenberg, gestiftet von der Lübecker Familie Süverk. Eine prächtige Herrschaftsempore von 1759 an der Nordwand war für die Angehörigen des Domkapitels und der Gutherrschaften von Moisling und Niendorf bestimmt. Sandsteintaufe von 1731; Messingschale von 1842. Sämtliche früher vorhandenen Altargeräte aus Edelmetall gingen bei der Plünderung durch die Franzosen 1806 verloren. Bis 1835 musste sich die verarmte Gemeinde mit hellgestrichenen Ersatzstücken aus Weißblech behelfen, die sich heute im St. Annen Museum Lübeck befinden.

Niendorf

Niendorf war bis 1646 mit der Gutsgemeinschaft Moisling verbundenes Rodungsdorf, das 1666 unter holsteinische – dänischer Hoheit gestellt wurde; 1802 kam es politisch an Lübeck zurück.

Das Herrenhaus wurde 1771 vom damaligen Besitzer, dem Lübecker Senator Bartels, vollendet; schöner Barockbau, dem später ein oberes Stockwerk mit klassistischem Giebel hinzugefügt wurde.

1802 gehen Dorf und Gut durch Kauf in den Besitz des Freiherrn Friedrich Adolf von Heintze über, der 1819 das Begräbnisgewölbe für die Familien erbauen lässt (nördlich der heutigen Bahnlinie). 1844 erwirkt J. F. Ernst von Heitze vom Lübecker Senat die Erlaubnis, seine Besitzungen (Niendorf, Moorgarten, Reeke und Nienhüsen) zu einem Gesamtgut unter dem Namen Weißenrode zusammenzufassen; dieser am Grabmal erscheinende Name wurde in Anlehnung an Namensbildungen in Thüringen, woher die Familie von Heinze stammte, aus den lübschen Farben Rot und Weiß gewählt. Weißenrode hatte keinen langen Bestand; 1907 kaufte Lübeck die Güter Niendorf und Reeke auf, nachdem vorher bereits durch sozialen Umwälzungen die Gutsherrschaft über die Bauerndörfer erloschen war. Der Name Weißenrode ist deshalb heute untergegangen. Nur der Sportverein trägt den Namen noch weiter.

Ein besonderer Erwerbszweig der Niendorfer ist die Kultur der Maiblumen, denen Klima und Boden hier besonders zusagen. 30 000 Maiblumen verlassen jährlich das Dorf. Der Export reicht bis nach Amerika und China.

Das Maiblumenputzen war eine besondere Aufgabe, bei der viele Bewohnern des Ortes mit eingebunden waren.

Meine Mutter berichtete, dass sie diese Arbeit in den Kriegsjahren als zwangsverpflichtete ausführen musste. Auf dem Land unserer Familie in Hamberge wurden auch Maiblumen angebaut und wohl zu sehr attraktiven Preisen verkauft.

Im Branden

Ursprünglich ein alter Krug, der früher zum Kirchspiel Wesenberg gehörte, heute zu Genin. 1821 legte hier der Reepschläger Cordes eine Reeperbahn (Herstellung von Seilen) an, die aber später wieder einging.

Nienhüsen

Nienhüsen wird im 18. Jahrhundert durch „Bauernlegung“ und Auskauf zu einem Meierhof.

Moorgarten

Durch Übersiedlung der Bauern und Handwerker aus Nienhüsen entstanden; um 1825 im Taufbuch der Geniner Kirche als selbständiger Ort vorhanden. Eine Dorfflur fehlt, die Einwohner bearbeiten Pachtland jenseits der Lübecker Grenze. Auch hier gedeiht die Kultur von Maiblumen. Der Wachholder Krug entstand 1827.

Bartelsholz

Ein etwa 110 ha großes Waldgebiet, das den Eindruck aufgeforsteter, anmooriger Heidelandschaft macht. Am Nordrande liegt im Zuge eines alten, von Hamburg nach Lübeck führenden Weges der Sandkrug. Das Wäldchen trägt seinen Namen nach dem Lübecker Senator Bartels, der ab 1761 das Gut Niendorf besaß.

Der eigenartige Bodencharakter –oben humoser, darunter reiner, in anderthalb Meter Tiefe stark wasserhaltiger Sand, doch auch nasse Lehm- und trockene Sandstrecken- prägt sich in den verschiedenen Nadel- und Laubholzbeständen, den Moor- und Heiderücken, den wasserreichen Gräben und etlichen pflanzlichen Besonderheiten aus. Bemerkenswert sind Eichen- und Buchenfarn, das kleine Wintergrün, das Heckenweißblatt und der Kreuzdorn.

Reeke

Ehemals wendische Siedlung. Die Bewohner waren früher den Niendorfer Gutsherren zinspflichtig. Vom Nordausgang in Richtung Brücke bietet sich ein schöner Blick über die Trave.

 

Pfarrer - Galerie      
       
Der Kirchengemeinde in Genin, dienten seit der Reformation:      
Hinrich Brokes vor 1542 (z. Z. der Reformation wegen seiner Anhänglichkeit an die röm.-kath. Lehre ins Kloster Maria Magdalena Burg zu Lübeck geschickt)
Jochim Blöker um 1542 bis 1553  
Ehrn Paul N. (d. kath. Rel. zugetan)   1553 bis 1562  
Laurentinus Brünink   1562 bis 1583  
Hermann von Damm   1583 bis 1609 dessen Subst. Cammerarius 1610 n. Hambg.
M. Wilhelm Bruns (Michael Braun)   1610 bis 1629  
Johannes Albrecht (Albert)   1629 bis 1654  
Georg Froböse   1654 bis 1690 .
Hinrich Lobeck   1691 bis 1698  
Diederich Koch   1698 bis 1717  
Johann Hinrich Engenhagen (vom Domkapitel gewählt)   1717 bis 1738  
M. D. R. Buchholz   1739 bis 1742  
Johann Jacob Redeker aus Eutin   1742 bis 1747  
Friedrich Hölke aus Wismar   1747 bis 1764  
Johann David Polchow aus Parchim   1765 bis 1801  
Johann Friedrich Brandes   1802 bis 1834  
Carl Gustav Plitt   1834 bis 1878  
Marquardt Carl Fuchs   1879 bis 1905  
Heinrich Wilh. Theodor Schulze   1905 bis 1911  
Georg Carstensen   1911 bis 1945  
Dr. Hugo Hölzer   1945  
       
Pfarrverweser von 1945-1948:      
P. Adloff      
P Martin Hesekiel, s. Sch.      
Sup. Martin Reinke, s. Edewecht i. Oldbg.      
       
Zwangsgerechtsamen      
Die vier Kapiteldörfer waren zur Geniner Schmiede zwangszugehörig.      
       
Am Geniner Krug hingen folgende Rechte: Ein Mann und zwei Frauen­stände in der Geniner Kirche, auf dem Kirchhof neben dem Fußsteig ein Begräbnisplatz, die alleinige Kruggerechtigkeit, das 'alleinige Recht zum Branntweinbrennen und Malzmachen (doch dürfen die Eingesessenen für sich Bier brauen), die Hökerei und die Bäckerei. Aus Vorrade, Ober- und Nieder­büssau muss jeder Hufner 20, jeder Halbhufner 10 Stück gute Dorn- oder Buschwasen jährlich unentgeltlich anliefern.      
       
       
Schulmeister-Galerie      
       
Genin:      
s. Küster-Galerie      
       
Vorrade:      
Detlef Pries bis 1753  
Hinrich Christoffer Groot bis 7. 10. 1768  
Georg Gottfried Groot   1768  
Nikolaus Christopher Lampe   1769  
Johann Joachim Rossow   1790  
Christopher Hinrich Iwe   1804  
       
Oberbüssau:      
Christoph Matz bis 1749  
J. Christian Crüll bis 1765  
Jochen Hinrich Rüsch   1765  
Joachim Henrich Ude   1780  
Joachim Jakob Wildt   1812  
       
Niederbüssau:      
Peter Wriet   1733 ausgewiesen  
Johann Daniel Dragun   1745  
Asmus Hinrich Barckenthien   1765  
George Friedrich Frosch   1767  
Johann Friedrich Frosch   1784  
Christoph Friedrich Wiemer   1833  
Johann Krohn   1854  
Heinrich Friedrich Voss   1862  
August Schuster   1872  
Fritz Bernhöft   1878  
Wilheim Stampa   1886  
Fritz Kemp   1887  
Karl Langhoff   1924  
       
Niendorf:      
Johann Christoffer Steffenhagen   1725  
Henrich Christoph Steffenhagen   1750  
Zacharias Wilhelm Susemihl   1787  
Johann Jakob Röske   1793  
Karl Friedrich Geisler   1813  
C. H. Ehlers   1831  
Johann Peter Johannsen   1838  
Karl F. Scheel   1845  
J. H. Th. Schüler   1899  
Ernst Imke   1910  
Dr. H. Weimann   1947  
       
Martin Rettke   1.6.1967 bis 31.7.1974  
       
       
Küster-Galerie      
       
Lambert Hammer   1570 - 1609  
Servatius Wulff   1609 - 1640?  
Andreas Nicolas   1640/41 - 1660  
Jakob Simensen   1660 - 1664  
Johann Georgius Silesius   1664 - 1673  
Nikolaus Hintzmann   1673/74 - 1687  
Günter Rudolf   1687 - 1701  
Jakob Müller   1701 - 1729  
Hieronymus, Detharding   1729 - 1740  
Johann Wichmann   1740 - 1763  
Johann Peter Wichmann   1763 - 1805  
Christian Ernst Hasselmeyer   1805 - 1832  
Friedrich Wilhelm Bergmann   1832 - 1862  
Heinrich Gottfried Dillner   1862 - 1899  
Johannes Planthaber   1899 - 1900  
       
Ostern 1900 wurde die Geniner Küsterschule aus Verwaltungsrücksichten geschlossen.      
       
Quelle: Vier Kapiteldörfer Genin, Ober- und Niederbüssau, Vorrade      
Nach Akten bearbeitet von Dr. phil. Horst Weimann      
Druck: Wullenwever-Druckverlag, Lübeck      
1. Oktober 1950      
Strukturiert und aufbereitet: Hans-Hermann Goebel November 2003      
       

Gefallene aus Genin mit Kapiteldörfer 1914 bis 1918

Zum Geleit

Der furchtbare Krieg hat auch in unserer Gemeinde schwere Opfer gefordert. An hundert beträgt die Zahl der Gefallenen und Vermißten. Ihre Namen sind an heiliger Stätte mit ehrnem Griffel und goldenen Lettern in Marmor geschrieben. Außer der Gedenktafel in der Kirche schien uns ein Werk zweckmäßig, das in Wort und Bild das Andenken an unsere teuren Gefallenen wachhält, indem es uns weitere Nachrichten von ihnen übermittelt und das Bild sie gleichsam vor unsern Augen wieder aufleben läßt. Der Text ist wörtlich der selbe, wie er in den Jahren 1915 - 16 vom Unterzeichneten im Gemeindeblatt für Genin niedergelegt und nach Herrn Pastor Carstens Rückkehr aus dem Felde aus dessen Feder hervorgegangen ist.

Möge das Buch den Hinterbliebenen, deren Wunden zum Teil noch nicht vernarbt sind, ein lindernder Balsam sein, indem es ihnen die Gewißheit gibt, daß das Andenken an ihre Lieben, die für eine hohe, heilige Sache starben, nimmermehr erlöschen wird. Möge das Buch sowohl bei den Freunden und Bekannten der Gefallenen, als auch bei ihren ehemaligen Kriegskammeraden, mit denen sie Schulter an Schulter gekämpft, liebevolle und wehmütige Erinnerungen wachrufen. Möge das Buch in der Familie forterben und noch den künftigen Geschlechtern erzählen von den Heldentaten und dem Opfertode ihrer Vorfahren. J. Planthaber.

 

Die Kriegsteilnehmer der Gemeinde Anhang aus dem Buch "Unsere Gefallenen Kirchengemeinde Genin in Wort und Bild" Zusammengestellt und herausgegeben von K. Möller, Schleusenmeister, Nieder Büssau und J. Planthaber, Lehrer und Organist, Genin Buch- und Kunstdruckerei Charles Coleman Lübeck

Zum Beitreten zu glasmacher klicken.

Zum Beitreten zu glasmacher klicken.

Aktuelle Unwetterwarnungen für Deutschland